Hintergrund

Die Parteien streiten über restlichen Schadenersatz nach einem Verkehrsunfall. Die Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit.

Der Kläger hatte sein Fahrzeug nach dem Verkehrsunfall durch einen Sachverständigen begutachten lassen. Unter Abzug einer Wertverbesserung ermittelte der Sachverständige Nettoreparaturkosten in Höhe von 2.820,90 €.

Mit Schreiben vom 01.10.2019 legte die Beklagte einen Prüfbericht vor, in dem technische Abzüge vorgenommen wurden und der Kläger an eine günstigere Referenzwerkstatt verwiesen wurde. Die Stundenverrechnungssätze dieser Werkstatt wurden durch die Beklagte mit 124,00 € für Karosserie und Mechanik, 132,00 € für Lackierkosten und 45 % Lackiermaterial angegeben.

Da der Kläger den Schaden fiktiv abrechnete, akzeptierte er den Werkstattverweis und ließ die Reparaturkosten auf Grundlage der von der Beklagten benannten günstigeren Stundenverrechnungssätze von seinem Parteigutachter nachkalkulieren. Nach der Nachkalkulation betrugen die Nettoreparaturkosten 2.322,35 €, die Sachverständigenkosten betrugen 691,39 €. Nachdem die Beklagte vorgerichtlich auf die Sachverständigenkoten 493,00 € und auf die Reparaturkosten 1.318,24 € regulierte, sind die restlichen 1.202,40 € Gegenstand des Verfahrens.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger sich Stundenverrechnungssätze in Höhe von 105,00 € für Karosserie und Mechanik, 115,00 € für Lackierarbeiten und 35 % Lackmaterial anrechnen lassen müsste. Zudem seien technische Abzüge vorzunehmen, weil die Motorhaube nicht unfallbedingt beschädigt worden sei.

Aussage

Nach Ansicht des AG München ist die Klage zu einem weit überwiegenden Teil erfolgreich. Der eingeholten Nachkalkulation sind lediglich 45,00 € für Entsorgungs- und Zulassungsgebühren abzuziehen, weitere Abzüge technischer Art oder wegen eines zweiten Werkstattverweises muss sich der Kläger nicht entgegenhalten lassen.

Es verbleibt bei den Stundenverrechnungssätzen, die die Beklagte ihrem Prüfbericht zugrunde gelegt hat. In diesem Prüfbericht war eine konkrete Referenzwerkstatt angegeben, diese Verweisung hat der Kläger akzeptiert und dies der Beklagten auch mitgeteilt. An dieser Verweisung muss sich die Beklagte auch festhalten lassen, denn mit der Verweisung hat sie einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Berufung auf nunmehr noch günstigere Stundenverrechnungssätze stellt vor diesem Hintergrund ein widersprüchliches Verhalten dar.

Zwar führt das AG München aus, dass grundsätzlich eine Verweisung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich ist, jedoch hat der Kläger gerade auf Grundlage der benannten Werkstatt Dispositionen in Form einer Nachkalkulation getroffen und teilte dies der Beklagten auch mit. Damit hätte die Beklagte spätestens direkt daraufhin mitteilen müssen, dass sie nicht an der konkret vorgenommenen Verweisung festhalten möchte. Dies hat sie jedoch nicht getan.

AG München, Urteil vom 17.05.2021, AZ: 344 C 5808/20