Ersatz der Kosten der Covid-19-Schutzmaßnahmen I (siehe hierzu auch NL 4/21)

Das LG Würzburg kommt in seinem Berufungsurteil vom 24.03.2021 – 42 S 2276/20 – zu dem Ergebnis, dass Desinfektionskosten aufgrund von Coronaschutzmaßnahmen zu erstatten sind. Die geltend gemachten Kosten gehen kausal auf das Unfallereignis zurück. Es handelt sich um ersatzfähige Kosten, selbst wenn es sich, insbesondere bei Hereinnahme des Fahrzeugs, auch um Arbeitsschutzmaßnahmen handelt. Die Coronaschutzmaßnahmen haben sich auf 80,52 € netto belaufen. Die Kammer des LG Würzburg musste nicht entscheiden und konnte offenlassen, bis zu welcher Höhe Corona-Desinfektionskosten für den Zeitraum Juli 2020 grundsätzlich ersatzfähig sein könnten. Dem Kläger lag ein Sachverständigengutachten vor, dem eine Indizwirkung zukommt.

LG-Wuerzburg-42-S-227.pdf

Ersatz der Kosten der Covid-19-Schutzmaßnahmen II

Das AG München hat durch Urteil vom 30.04.2021 – 337 C 3776/21 – entschieden, dass dem Kläger, der sein Fahrzeug tatsächlich hat reparieren lassen, die gesamten in Rechnung gestellten Reparaturkosten, inklusive der Covid-19-Schutzmaßnahmen, zu erstatten sind. Dabei kommt es weder darauf an, ob die von der Beklagten bei der Schadensregulierung gekürzten Kosten bei der Reparaturwerkstatt tatsächlich angefallen sind, noch ob die Arbeiten erforderlich waren. Das Werkstattrisiko trägt der Schädiger und nicht der Geschädigte. Mit Mehraufwendungen durch Schadensbeseitigungen, deren Entstehung der kontrollierbaren Einflusssphäre des Geschädigten entzogen ist, ist der Schädiger belastet.

AG-Muenchen-Urteil-Az-337-C-3776-21.pdf

Ersatz der Kosten der Covid-19-Schutzmaßnahmen III, der Probefahrt und der Fahrzeugreinigung / nicht (vollständig) bezahlte Reparaturrechnung

Nach dem ausführlich begründeten Urteil des AG München vom 14.05..2021 – 344 C 2777/21 – sind die Kosten für die Probefahrt, die Fahrzeugreinigung und die „Fahrzeugdesinfektion Covid-19“ zu ersetzen. Der Geschädigte durfte die entsprechenden Rechnungspositionen als erforderlich ansehen, weil sie in dem vor der Reparatur eingeholten Gutachten sämtlich als erforderlich ausgewiesen waren.

Dem Geschädigten sind die Kosten zu erstatten, die er aufgrund des Gutachtens als notwendig ansehen darf und von denen er nach erfolgter Reparatur aufgrund der gestellten Werkstattrechnung annehmen darf, dass er sie als Auftraggeber schuldet, sofern ihm nicht ausnahmsweise bezüglich des beauftragten Sachverständigen oder der beauftragten Werkstatt ein Auswahlverschulden zur Last fällt. Der Unfall war adäquat kausal für den Anfall der Reinigungs- und Desinfektionskosten. Covid-19-Schutzmaßnahmen sind derzeit erforderlich im Rahmen einer Kfz-Reparatur und daher im Wege der Auslegung vom Reparaturauftrag umfasst gewesen.

Auf die Frage, ob die Reparaturrechnung bereits (vollständig) beglichen wurde, kommt es bei der Frage der Erstattungsfähigkeit der restlichen Reparaturkosten nicht an. Das Werkstattrisiko greift bereits ab Erteilung des Reparaturauftrags und nicht erst ab Bezahlung der Rechnung. Nach Ansicht des AG München steht die Rechtsprechung des BGH zur fehlenden Indizwirkung einer unbezahlten Sachverständigenrechnung nicht entgegen. Der Geschädigte hat aufgrund des zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens einen konkreten Anhaltspunkt, in welcher Größenordnung Reparaturkosten voraussichtlich anfallen werden und ist im Vertrauen hierauf eine vertragliche Verpflichtung zur Zahlung des Werklohns eingegangen.

AG-Muenchen-Urteil-344-C-2777-21-Covid-Reinigung.pdf

Ersatz der fiktiven Verbringungskosten

Das AG Coburg vertritt in seinem Urteil – 17 C 1431/20 – vom 17..02.2021 die Auffassung, dass die fiktiven Verbringungskosten zu erstatten sind. Durch das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten steht fest, dass diese Kosten regional üblich in der markengebundenen Fachwerkstatt angefallen wären. Der von dem Parteigutachter festgestellte Betrag der Verbringungskosten in Höhe von 201,71 € liegt auch in dem von dem Sachverständigen festgestellten Rahmen der Preise, die von Vertragswerkstätten im Bereich Bremen als Verbringungskosten anfallen.

AG-Coburg-Urteil-17-C-1431-20.pdf